Informationen zum JVEG

Im Moment gibt es viele Diskussionen zum JVEG und seine Bedeutung für Gebärdensprachdolmetscher.

Wir möchten hier ein paar Hintergrundinformationen zum JVEG liefern.

  1. was ist das JVEG eigentlich und seit wann gibt es das?
  2. Warum ist das JVEG in einigen Bereichen die Grundlage der Bezahlung von GSD?
  3. Wo ist das JVEG die Grundlage der Bezahlung von GSD? wo gilt es für GSD?
  4. wie hat sich das JVEG in den letzten knapp 20 Jahren entwickelt?

 

  1. Was ist das JVEG eigentlich und seit wann gibt es das?

Das JVEG ist ein Gesetz und heißt richtig:

"Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten."

Es regelt die Vergütung von Zeuginnen, Zeugen und Dritten, Sachverständigen, Übersetzerinnen, Übersetzern, Dolmetscherinnen, Dolmetschern und der Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen sowie ehrenamtlichen Richtern bei Gerichtsverhandlungen und z.B auch bei gerichtlichen Begutachtungen etc. Es ist am 1.Juli 2004 in Kraft getreten. 

2. Warum ist das JVEG in einigen Bereichen die Grundlage der Bezahlung von GSD?

Jetzt müssen wir ein wenig in die Vergangenheit schauen. Viele wissen noch, dass es vor der Anerkennung der Gebärdensprache nicht so einfach war GSD zu bekommen und jemanden zu findend er die Kosten trägt. Dann kam die Anerkennung der Gebärdensprache und 2001 trat das SGB IX in Kraft. Dadurch gab es (u.A.) Änderungen im SGB I und im SGB X:

SGB I : § 17, Abs 2 wird neu eingefügt

„Hörbehinderte Menschen haben ein Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, Gebärdensprache zu verwenden. Die für die Sozialleistungen zuständigen Leistungsträger sind verpflichtet, die durch die Verwendung der Gebärdensprache und anderer Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen.“

Natürlich musste auch geklärt werden, wieviel den den GSD bezahlt werden sollte. Erst hat man auf ein älteres Gesetz für den Gerichtsbereich verwiesen und 2004 (mit der Einführung des JVEG) kam dann das JVEG mit ins Gesetz:

SGB X , §19 Abs. 2 Satz14„(…) erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und entschädigungsgesetztes eine Vergütung.“

Später wurden dann noch andere Dinge geändert. Wichtig ist noch, dass sich am 19.07.2016 durch das Gesetz zur Weiterentwicklung des BGG folgendes änderte:

§17 des SGB I (s.o.) und § 19 SGB X (s.o.) wurden wie folgt geändert: „(…) §5 der KHV gilt entsprechend.(…)“

Das bedeutet, dass das JVEG nun nicht mehr direkt im SGB I drin steht, sondern in der KHV. Und zwar steht das folgendes:

§ 5 Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder Erstattung 

(1) Der Träger öffentlicher Gewalt richtet sich bei der Entschädigung von Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetschern sowie Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfern nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz. 

(2) Eine Vergütung in Höhe des Honorars für Dolmetscher, die gemäß § 9 Absatz 3 Satz 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes für simultanes Dolmetschen herangezogen worden sind, erhalten Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher nach § 3 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 sowie Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfer nach § 3 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, Satz 2 Nummer 1 bis 4 mit nachgewiesener abgeschlossener Berufsausbildung oder staatlicher Anerkennung für das ausgeübte Tätigkeitsfeld. 

3. Wo ist das JVEG die Grundlage der Bezahlung von GSD? wo gilt es für GSD?

Das JVEG ist nicht bei allen Einsätzen die Grundlage der Vergütung von GSD!

Es gilt eindeutig bei allen Kostenträgern, die durch §17 SGB I erfasst werden. Hier wird auf das Recht tauber Menschen verwiesen, bei der „Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere ärztlichen Behandlungen Gebärdensprache zu benutzen“.

Bespiele:
Krankenkassen
Agentur für Arbeit
Kinder- und Jugendhilfe
Sozialhilfe
Eingliederungshilfe

…und über die KHV auch allgemeine Verwaltungsverfahren bei Bundesbehörden (KHV Bund) und Landesbehörden (z.B. KHV NRW). 

Beispiele: job Center
Rentenversicherung

…und auch Einsätze, die sich durch anderweitige Gesetzgebung auf die KHV Bund oder z.B. KHV NRW beziehen:

Beispiel:
Bezirksregierungen Schulbereich
Jugendämter Kindergartenbereich

Jetzt wird es kompliziert! Es gibt Bereiche in denen die GSD nicht nur dafür wichtig sind bei der Ausführung der Sozialleistung die Kommunikation sicher zu stellen, sondern wo sie die Sozialleistung selbst sind.

Selbst Anwälte und Juristen streiten noch über dieses Thema… Aber sagen wir mal so. Wenn GSD die Sozialleistung selbst sind, dann ist das JVEG nicht unbedingt die Bezahlungsgrundlage. Das betrifft zum Beispiel den Bereich Arbeitsleben wo die Integrationsämter (LWL, LVR; LWV… ) Kostenträger sind. Dort gibt es oft Rahmenverträge mit den Dolmetscherverbänden des Landes und es gilt nicht das JVEG! Im Bereich Eingliederungshilfe „Inklusion an der Schule“ ist das ähnlich. Auch hier sind GSD die Sozialleistung selbst -> also ist nicht das JVEG die Kostengrundlage!

Alle Bereiche die ohnehin nicht gesetzlich geregelt sind, sind auch nicht vom JVEG betroffen! GSD bei Beerdigungen, Taufen, beim Anwalt, privaten Anfassen usw. sind nicht ans JVEG gebunden!

4. Wie hat sich das JVEG in den letzten knapp 20 Jahren entwickelt?

Es trat am 01. Juli 2004 in Kraft. Dort steht zum Beispiel: Das Honorar pro Stunde für Dolmetscher und Übersetzer sind 55 €.

 

2013 Novellierung im Rahmen des 2. KostMoG

vorangegangen: Marktanalyse (damals nicht unter Einbeziehung des BGSD/ der GSD) 2009
Umsetzung dann 2013

- Honorar pro Stunde für Dolmetscher und Übersetzer (simultan): 75 €

- Unterscheidung konsekutiv und simultan

- km Pauschale 0,30€ pro km

- Ausfallhonorar max. 2 Stunden

 

Aktuell: 

Referentenentwurf zur erneuten Novellierung. 

Vorgeschlagen:

- Honorar pro Stunde für Dolmetscher und Übersetzer: 95€

- keine Unterscheidung zwischen konsekutiv und simultan mehr

- Km-Pauschale von 0,30€ auf 0,42€ pro km

- Streichung von §14

„ Mit Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die häufiger herangezogen werden, kann die oberste Landesbehörde, für die Gerichte und Behörden des Bundes die obersten Bundesbehörde, oder eine von diesen bestimmte Stelle eine Vereinbarung über die zu gewährende Vergütung treffen, deren Höhe die nach diesem Gesetz vorgesehene Vergütung nicht überschreiten darf.“ 

- (Ausfallhonorar von max. 2 Stunden bleibt)

vorangegangen: Marktanalyse 2017 (Auftraggeber BMJV)

 

beteiligt / lieferten die Kontaktdaten:

ADÜ (Assoziierte Dolmetscher und Übersetzer in Norddeutschland)

BDÜ (Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer)

BGSD
ATICOM (Fachverband der Berufsdolmetscher- und Übersetzer e.V.)

VVU BaWü (Verband allgemein beeidigter Verhandlungsdolmetscher BaWü)

Verein vereidigter Dolmetscher und Übersetzer e.V.

 

Ergebnis:

hohe Abweichungen der Honorare aus der freien Wirtschaft im Gegenteil zum Justizbereich bei den Dolm. und Übersetzern AUSSER bei den GSD.

Begründung des Referentenentwurf gegen eine Andersbehandlung von GSD:

GSD können über ihre Preise nicht frei bestimmen, weil sie in vielen Fällen durch Sozialkostenträger gedeckelt sind - und das ist so, weil das JVEG im SGB steht und damit der Stundensatz nicht über dem JVEG liegen kann. (Zumindest in des Bereichen wo das JVEG Anwendung findet).

 

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